Ein außergewöhnliches Jahr geht zu Ende, leider kein außergewöhnlich gutes. Dabei fing alles so gut an, mit kräftigen Umsatzsteigerungen in den ersten zwei Monaten im Vorjahresvergleich. Corona schien bald überwunden zu sein, die Zeiten von Lockdown und Maskenpflicht vorbei. Doch dann kam der 24. Februar und wieder stand die Welt Kopf. Explodierende Energiepreise und eine gigantische Inflationswelle bestimmen seither das Geschehen.
Doch wie schon in den zwei vorangegangenen Jahren zeigt sich der Handel ausgesprochen widerstandsfähig. Der Umsatz der Branche ist auch in diesem Jahr wieder gewachsen, wenn auch getrieben durch die hohe Inflation. Die Kaufzurückhaltung durch Unsicherheiten und hohe Kostenbelastungen bei den Haushalten konnte schnell mit neuen Angeboten und Kommunikationsmaßnahmen gekontert werden. Statt One-Stop-Shopping in Coronazeiten, ist nun Schnäppchenjagd angesagt. Eigenmarken wachsen schneller als Markenartikel. Und die Vollsortimenter im Lebensmittelhandel agieren mit veränderten Werbebotschaften gegen den Verlust von Marktanteilen, die sie in den vergangenen zwei Jahren gewonnen hatten.
Gleichzeitig schlagen die Veränderungen im Arbeitsmarkt voll durch. Schon jetzt sind viele Stellen in unserer Branche unbesetzt, in den kommenden 10 Jahren wird die Zahl der Erwerbstätigen weiter deutlich sinken, insgesamt um rund 10 Prozent. Der Handel arbeitet intensiv an der Stärkung seiner Reputation als Arbeitgeber, er verändert und vor allem vereinfacht seine Prozesse zur Personalgewinnung und er arbeitet mit Hochdruck an der Verbesserung seiner Produktivität, damit in Zukunft auch mit weniger Stunden die gleiche Leistung erbracht werden kann.
Das alles sind große Aufgaben. Doch was am Ende viel wichtiger ist, ist die Unterstützung der Menschen, die das Leid des Krieges Tag für Tag unmittelbar erfahren. Gut, dass nicht übersehen wird, dass die Menschen in der Ukraine nicht nur für Ihre Freiheit kämpfen, sondern auch für unsere, für unsere Werte und Überzeugungen. Gut, dass die Weltgemeinschaft den Kampf der Ukraine weitgehend geschlossen und bedingungslos unterstützt. Gut, dass sich durch diesen Krieg vieles auch zum Guten ändern wird. Es werden Prioritäten neu gesetzt, neue Allianzen entstehen und die Geschwindigkeit von Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen wird sich radikal beschleunigen.
Wir alle können und werden unseren Beitrag leisten. Der Staat, die Unternehmen und die Menschen in unserem Land. Wir sind froh und stolz, mit den Menschen in der Handelsbranche die Zukunft gestalten zu können, mit viel Flexibilität, mit Ideenreichtum, mit Optimismus und mit Haltung. Es gibt viel zu tun, viele Herausforderungen. Aber viele unserer Sorgen und Probleme sind am Ende überschaubar. Das sollten wir nicht vergessen.
Das EHI bedankt sich bei allen Mitgliedern, bei den befreundeten und unterstützenden Menschen und Unternehmen für die gute Zusammenarbeit in diesem Jahr. Zusammen können wir viel erreichen und manche Krise bewältigen.
Wir wünschen allen schöne Festtage und ein gutes Jahr 2023!
Michael Gerling
Dezember 2022